Kurzer Rückblick (geschrieben von Twenty)
Ein sanftes Lächeln umspielte meine Lippen während ich die vertraute Gestalt vor mir betrachtete, es war lange her, aber ich hatte nichts vergessen, die neugewonnene Freundin damals.
Die ich nie vergessen konnte, wie sie ohne Wenn und Aber begriff in ihren Gedanken was ich wollte und brauchte von ihr damals.
Ihren Schrei der Tag und Nacht allgegenwärtig in meinen Ohren hallte.
Die Abenddämmerung fiel über die Welt, welche ich Fantasia nannte Glutrot tauchte die Sonne in den See und machte Platz für einen gelbgrünen Mond der voll am Himmel stand.
Die Gestalt vor mir regte sich endlich, die wohltuenden Wasser hatten ihre Wirkung getan.
"Ganz ruhig Thora meine liebe Kollegin" sagten meine Gedanken.
"Ich bin es Andromeda die dunkle Gestalt aus deinen Träumen."
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Die Fortsetzung ( von Thora)
Die Sonne brannte unbarmherzig in ihr Gesicht. Völlig am Ende ihrer Kräfte setzte sie mühsam einen Fuß vor den anderen. Sie versank bei jedem Schritt bis über die Knöchel im heißen Sand. Sie blieb stehen und schirmte mit der Hand die Augen gegen das grelle Licht ab. Doch die rotgelben Dünen dehnten sich bis zum Horizont, über die der ewige Wind eilig kleine Sandwirbel vor sich hertrieb. Es gab nichts als Sand, Sonne, Wind und glühende Hitze.
Sie taumelte …doch eine unbekannte Kraft trieb sie vorwärts. Sie hatte ein Ziel…ein Ziel, welches sie nie aus den Augen verlor. Sie wollte heim…nach Hause! Doch wo war das? Wie lange irrte sie nun schon durch den heißen Sand? Ihre Haut brannte wie Feuer und sie fuhr mit den Händen durch das von Sand verklebte, dunkle Haar. Vergeblich versuchte sie, mit der Zunge die verbrannten Lippen zu benetzen.
Sie stolperte und fiel… Verzweifelt krallte sie die Hände in den glühenden, nachgiebigen Boden. Sie schaffte es nicht…es war zu Ende! Hier endete der Weg! Sie wälzte sich mühsam auf den Rücken und starrte in die grelle Sonne, vor die sich plötzlich ein dunkler Schatten schob. Kühle Luft umfächelte die brennende Stirn.
Als die ersten Tropfen auf ihr Gesicht fielen, atmete sie auf…es regnete mitten in der höllischen Wüste aus einem blauen Himmel. Sie bekam eine Gnadenfrist. Sie konnte hier nicht liegen bleiben…sie musste weiter…immer weiter…über die endlosen Sanddünen.
Kühl lief der Regen über ihr Gesicht…das brennende Gefühl auf der Haut verflüchtigte sich und die dunklen Wolken verdeckten die gnadenlose Sonne bald ganz. Der Wind trug beruhigende Worte wie Wattebäusche heran…“Thora…hörst du mich? Ich bin es…Andromeda…“
Ferne, vergangene Zeit…ein längst vergessener Traum…
„Thora…?“ Beschwichtigende Worte und Gedanken tasteten sich behutsam vor. War sie endlich zu Hause? Sie vermeinte, den kühlen Gischt des Wasserfalls hinter dem Haus in ihrem Relto zu vernehmen. Sicher war der anstrengende Marsch durch die Wüste nur ein Traum gewesen…ein unangenehmer Traum. .
Beruhigt öffnete sie die Augen und erstarrte.
„Ja, ich bin es, Thora! Erkennst Du mich denn nicht mehr? Wir sind doch einen kurzen Weg gemeinsam gegangen?
Ein Hauch von gespannter Erwartung klang in den ruhig gesprochenen Worten mit. Thoras Blick glitt über die dunkle Kapuze, die gleich einer Tarnung über den Kopf gezogen war…wie bei einer ihrer Puppen, die sie einmal besessen und die ihr viel bedeutet hatten, weil sie eine Verbindung zu der weit zurückliegenden, glücklichen Zeit darstellten.
War es die gespannte Erwartung, die sich in den dunklen Augen ihres Gegenübers spiegelte, oder die verschwommen wirkenden Gesichtszüge unter der dunklen Tarnung…sie vermochte es hinterher nicht zu sagen, doch die Wahrheit brach mit der Wucht eines Sturmes in ihre Gedanken.
„Andromeda…?“, flüsterte sie…“ Du…?“
Mit einer heftigen Bewegung warf diese den dunklen Umhang fort und ein strahlendes Lächeln glitt über das angespannte Gesicht.
„Na, endlich! Ich hatte schon befürchtet, du erwachst nie mehr, Thora! Jedenfalls bist du nun in Sicherheit!“
Thora sah durch die offene Tür hinaus in das abendliche Licht…geheimnisvolle Andromeda…die Freundin aus der Vergangenheit, die sie nur eine kurze Wegstrecke begleitet hatte. Die gemeinsame Zeit hatte nicht gereicht, um zu verstehen, woher sie so plötzlich gekommen war. Gar zu phantastisch war deren Geschichte gewesen. Und schon kurze Zeit später hatten sich ihre Wege wieder getrennt. Doch vergessen hatte sie die neue Kameradin nie.
Sie legte ihre Hand auf den Arm der Freundin…“Aber wie kommst du hierher, Andromeda? In diese seltsame Welt?“
„Tja, Thora…das ist eine lange und für dich im Augenblick sicher ungewöhnliche Geschichte.“
Andromeda erhob sich und wanderte langsam in dem kleinen Raum auf und ab, während sie mit lebendiger Stimme lange sprach…
Nach einem Blick auf die aufmerksam lauschende Thora endete sie…
“und diese Hütte ist nun die Rettungskapsel, in der du so lange Zeit umsorgt wurdest. Im Augenblick steht die Tür der Kapsel, die du von unserem gegenwärtigen Standpunkt im Inneren der Hütte nicht sehen kannst, offen. Durch sie können wir diese Welt verlassen. Wird die Tür jedoch wieder verschlossen, bist du auch wieder in dieser Welt isoliert – und wirst wieder vergessen, wer du bist. Zugegeben…eine verhängnisvolle Falle…aber ich habe in allen meinen Welten solche Rettungsmöglichkeiten für neugierige Wesen wie dich hinterlassen.“
„Alle deine Welten…?“ echote Thora ungläubig. „Andromeda, soll das heißen, du schreibst Welten? Das wusste ich nicht! Das hast du damals nicht erwähnt. Warum nicht?“
Thora versuchte, in dem plötzlich verschlossen wirkenden Gesicht der Freundin zu lesen, doch diese wandte sich abrupt ab und schwieg.
„Na schön, du möchtest nicht darüber reden und ich will dich nicht drängen. Aber so schnell gebe ich nicht auf…“ murmelte sie. „Du selbst bist das Rätsel, was ich erforschen muss. Du hast diese phantastische Welt geschrieben und auch dieses rätselhafte Monument hineingeschrieben, dessen größere Ausführung sich in einer uralten unterirdischen Anlage weit, weit fort von hier befindet. Und du hast genau gewusst, warum du das getan hast. Dieses Monument erscheint mir wie ein Vermächtnis aus einer vergangenen Zeit. Andromeda…wie konntest du davon wissen?“
Andromeda massierte sich nervös den Nacken und öffnete den Mund zu einer heftigen Antwort…doch Thora hob die Hand…
„Du hast damals nicht alles erzählt. Vielleicht dachtest du, wir würden dies nicht verkraften?“
Sie musterte Andromeda, in deren Gesichtszügen es heftig arbeitete.
„Es gibt eine Geschichte, Andromeda…“ sagte Thora leise…“und diese ist älter als die Zeit“.
Sie lächelte ob dieser verwegenen Formulierung, doch sie umschrieb treffend den Kern der Sache.
„Eine Geschichte, die du genau kennst und sicher auch einige deines Volkes. Wer bist du wirklich“?
Thora schwieg erschöpft.
Andromeda ließ die Schultern sinken…“Es war damals einfach nicht genug Zeit, ausführlicher zu berichten. Du weißt doch, Thora…die Ereignisse hatten sich überschlagen und außerdem…“
„Ja…was…“
„Niemand hätte mir geglaubt…“ kam es resignierend von Andromeda, die ihre Gelassenheit zurück gewann. Sie griff zur Seite und legte Thora ein Buch in den Arm. Ihre Miene verfinsterte sich.
„Hier…, dein Reltobuch! Aber…es tut mir sehr leid…Thora!“
Thora starrte Andromeda entsetzt an und schlug das Buch auf. Das Schaubild der vertrauten Heimat war leblos und die kunstvollen Schriftzeichen am oberen Rand des ersten Blattes waren beschädigt.
„Ich bin wohl doch einen winzigen Augenblick zu spät gekommen. Du hast ganze Arbeit geleistet, Mädchen. Sicher, die Schriftzeichen kann man erneuern, nicht so leicht jedoch die winzigen Veränderungen eben dieser, die erst die individuellen Details deines Reltos ausmachen.“
„Also…komme ich nie mehr nach Hause…“ stellte Thora mit erstickter Stimme fest. „Das wolltest du doch damit sagen, nicht wahr?“
Andromeda nickte zögernd.
Thora barg das Gesicht in den Händen und kämpfte mühsam um Beherrschung.
„Aber ich muss nach Hause…meine Verbindungsbücher zu den Welten, in denen die Menschen leben, die mir etwas bedeuten… meine persönlichen Dinge…mein Heim, was ich mir in so langer Zeit eingerichtet habe. Soll ich das alles nie mehr wieder sehen?“
„Nun beruhige dich doch erst mal…ich bin überzeugt, dass wir das reparieren können, wenn wir vorsichtig zu Werke gehen.“
Mitfühlend strich Andromeda über die zuckenden Schultern der verzweifelten Thora.
„Und du bist ja nicht heimatlos…denn man ist immer dort zu Hause, wo man verstanden wird, Thora.“
Thora wischte sich mit dem Handrücken die Tränen vom Gesicht.
„Das hast du schön gesagt…“. Sie schnäuzte sich heftig und sah auf…
„Ich kann keine Bücher schreiben. Ich kenne längst nicht alle Schriftzeichen und Formulierungen und schon gar nicht die vielen besonderen Variationen dazu. Wirst Du mir helfen?“
„Ganz sicher…Thora! Doch ich kann dir nicht versprechen, dass wir es auch schaffen…aber ich bin zuversichtlich!“
Thora sah an Andromedas mitfühlendem Gesicht vorbei und erschrak über das fremde Wesen, welches unbemerkt den Raum betreten hatte und sie stolz und mit unbewegter Miene musterte.
Andromeda drehte sich um und lächelte fein, als sie sich Thora wieder zuwandte.
„Darf ich dir meine Mutter Andorra vorstellen? Mutter, das ist Thora…eine Freundin aus der alten Welt! Thora, …Mutter ist eine vollendete Herrscherin und Bewahrerin und es gibt nichts, was ihr verborgen bleibt. Außerdem ist sie eine exzellente…“
„Schweig…Andromeda…“ erklang eine klare Stimme.
Nach diesen Worten musterte Andorra Thora mit hochgezogenen Brauen. Unsicher erwiderte diese den harten Blick und ein Gefühl von unendlicher Einsamkeit drohte sie wieder zu übermannen. Nach langen Sekunden milderte sich der steinerne Gesichtsausdruck etwas…
„Willkommen in unseren Welten, Thora…“ Und nach einem kleinen Seitenblick auf die schweigende Andromeda fuhr sie fort…
„Da meine Tochter deine missliche Lage ja in unvorhergesehener Weise mitverschuldet hat, will ich dir helfen, dein Heimatbuch zu reparieren.“
Thora schluckte heftig vor Überraschung. Diese Dame hatte eine ungeheure respekteinflössende und charismatische Ausstrahlung, der sie sich nicht entziehen konnte.
„Das Angebot ehrt mich und ich bin dankbar, so freundlich aufgenommen zu werden…“ sagte sie vorsichtig. „Doch ich habe nicht die kleinste Ahnung, wie so eine Reparatur bewerkstelligt werden soll. Es hat sich einfach nie ergeben, das ich es zumindest in groben Zügen lerne.“…fügte sie resignierend hinzu.
Ein kleines Lächeln glitt über die harten Linien in Andorras Gesicht und mit einem nachsichtigen Unterton in der Stimme sagte sie…
„Ich werde es dich lehren und wenn du eine gute und aufmerksame Schülerin bist, wirst du bald in der Lage sein, nicht nur selbstständig dein Reltobuch zu reparieren, sondern auch eine eigene Welt zu schreiben. Nur Mut…Thora!“
Nach diesen Worten wandte sie sich an Andromeda, die ihre Mutter mit einem fürsorglichen Blick bedachte.
„Ich erwarte euch auf Andromeda…“
Andorra nickte ihrer Tochter zu und streifte noch einmal mit kühlem Blick über die karge Einrichtung der seltsamen Behausung, bevor sie über die Schwelle der Hütte trat, die Andromeda als Rettungskapsel in dieser Welt deponiert hatte. Im gleichen Augenblick war sie verschwunden. Verblüfft beobachtete Thora das unwirkliche Schauspiel.
Andromeda räusperte sich vernehmlich und beobachtete eine Weile voller Sorge die irritierte Freundin, die heimatlos und ob dieser niederschmetternden Tatsache sichtlich um ihre Beherrschung kämpfend, zusammengesunken vor ihr saß.
Wo waren die sprichwörtliche Zuversicht und der manchmal tollkühne Mut der Kameradin geblieben? Eigenschaften, die sie, Andromeda, in der kurzen gemeinsamen Zeit so schätzen gelernt hatte?
„Hmm…wenn Mutter es nicht schafft, dann niemand…Thora! Sie scheint dich zu mögen…“, machte sie einen hilflosen Versuch, die Freundin zu trösten.
Thora griff sich stöhnend an den Kopf. Soviel war in der letzten Zeit auf sie eingestürmt, dass sie glaubte, dies alles nicht verkraften zu können. Nun befand sie sich in einer unendlich weit entfernten Welt unter ihr völlig fremden Menschen, deren strenge und harte Gesellschaftsstruktur ihr arg zusetzte.
Es gab nur einen einzigen Menschen, dem sie in diesen Zeiten Vertrauen entgegenbrachte…und das war die noch so fremde Kameradin Andromeda, die sich redlich mühte, ihr zu helfen. Ein warmes Gefühl einer zaghaften Hoffnung und neuem Vertrauen in eine noch unbekannte Zukunft stieg in ihr auf….unwillkürlich ballte sie die Fäuste…sie wollte den Kampf aufnehmen…
Sie sah auf und erkannte mit einem Blick in den wissenden Gesichtsausdruck und dem verstehenden Lächeln der Freundin, dass diese längst jede ihrer Gedanken und Gefühle richtig interpretiert hatte…
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